Intervallfasten: Essen nach Zeit, eine gute Strategie?

Carlo Weber
ist Koch, Lebensmittelingenieur und Food Unternehmer und bringt versiertes Wissen in Ernährungswissenschaft und Kulinarik mit. In seiner Gesundheits-Kolumne «Gesunder Tisch mit Carlo» schreibt er, was gesunde Ernährung konkret ausmacht.

Intervallfasten, auch als intermittierendes Fasten bezeichnet, ist mehr als nur ein Trend. Es ist ein Überbegriff für verschiedene Ernährungsstrategien, die mit geplanten Essenspausen arbeiten, anstatt sich auf spezifische Lebensmittel zu konzentrieren wie andere Diäten. Deswegen wird es von Anwender:innen als weniger restriktiv empfunden. Obwohl Fasten eine Praxis ist, die seit Jahrtausenden in vielen Kulturen und Religionen verankert ist, stellen die heute populären Formen moderne Adaptationen dar. | Carlo Weber

Der zentrale Gedanke

Durch Essenspausen kann sich der Stoffwechsel regulieren und auf alternative Energiequellen umschalten. Sobald die Glykogenspeicher (Zuckerreserven in Leber und Muskeln) nach etwa 12–18 Stunden erschöpft sind, schaltet der Stoffwechsel um und beginnt, Fett abzubauen als alternative Energiequelle – ein Prozess, bekannt als Ketose. So kann nicht nur das Körpergewicht gesenkt werden, sondern es können auch entzündungshemmende Prozesse gefördert, die Insulinsensitivität verbessert und die Stressresistenz erhöht werden.

Verbessert das Gewichtsmanagement

Die Forschung an der Johns Hopkins University deutet darauf hin, dass Intervallfasten zu einem Gewichtsverlust führen kann, wenn die Kalorienzufuhr damit verringert wird. Ähnlich wie bei Diäten mit Kalorienrestriktion. Zudem werden nach dem Aufbrauchen der Zuckerreserven Fettreserven abgebaut.

Wichtig bei einer Gewichtsreduktion ist jedoch der Erhalt der Muskelmasse, der unbedingt beachtet werden sollte. Mehrere Faktoren beeinflussen dies: die angewandte Fastenmethode, eine ausreichende Proteinzufuhr während der Essensphasen und begleitendes Krafttraining. Dafür ist es von Vorteil, professionellen Rat beizuziehen.

Kardiovaskuläre Effekte

Studien zu Intervallfasten deuten auf potenzielle Vorteile für die Herzgesundheit hin, wie reduzierten Blutdruck und verbesserte Lipidprofile. Sie berichten über eine Senkung der Triglyceridwerte und des LDL-Cholesterins («schlechtes» Cholesterin). Gleichzeitig wurde häufig eine Erhöhung des HDL-Cholesterins («gutes» Cholesterin) beobachtet. Zudem scheint sich Fasten positiv auf die Regulation des Blutzuckerspiegels auszuwirken. Meta-Analysen zeigen, dass die Insulinsensitivität verbessert und der Nüchterninsulinspiegel gesenkt werden kann. Aufgrund dieser Effekte wird diskutiert, ob Intervallfasten präventiv zum Schutz vor der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes beitragen könnte.

Zellreinigung und Altern

Ein häufig diskutierter Mechanismus ist die Autophagie. Dies ist ein zellulärer Selbstreinigungsprozess, bei dem beschädigte oder unnötige Zellbestandteile abgebaut und recycelt werden. Fastenperioden können diesen Prozess anstossen. Das würde für langsameres Altern sprechen. Die Forschung erhielt aber gemischte Ergebnisse zur Lebensdauererweiterung, da Faktoren wie Geschlecht und Genetik grossen Einfluss haben. Bisher sind vor allem Tierstudien laufend. Weitere untersuchte Gesundheitsaspekte sind positiver Einfluss auf die Lebergesundheit, Senkung von Entzündungen, Stärkung des Immunsystems und Verbesserung der Darmgesundheit.

Wie wird Intervallfasten angewendet?

DIE 16:8-METHODE, DIE BELIEBTESTE METHODE

Die wohl bekannteste und einsteigerfreundlichste Methode ist das 16:8-Fasten: 16 Stunden fasten, 8 Stunden normal essen. Das Essensfenster, zum Beispiel von 12 bis 20 Uhr, lässt sich flexibel an den Alltag anpassen. Während der Fastenzeit sind kalorienfreie Getränke wie Wasser oder ungesüsster Kaffee oder Tee erlaubt. Experten wie Prof. Dr. Andreas Michalsen empfehlen diese Methode, da sie gut integrierbar und umzusetzen ist. Es gibt zahlreiche Bücher von Expert:innen zur 16:8-Methode.

DIE 5:2-DIÄT, EINE GÄNGIGE VARIANTE

Eine weitere populäre Variante ist die 5:2-Diät. An fünf Tagen pro Woche isst man wie gewohnt, während an zwei nicht aufeinanderfolgenden Tagen die Kalorienzufuhr stark reduziert wird – 500 kcal für Frauen und 600 kcal für Männer. Diese Methode, bekannt gemacht durch Dr. Michael Mosley, gilt als effektiv zum Abnehmen. Manche Anwender:innen empfinden sie als leichter durchzuhalten als eine tägliche Kalorienreduktion, da die Einschränkung nur an zwei Tagen erfolgt. An den Fastentagen ist ausreichend Flüssigkeit wichtig.

ALTERNIERENDES FASTEN, DER TÄGLICHE WECHSEL

Für Disziplinierte gibt es das alternierende Fasten (ADF). Hier wechseln sich ein normaler Esstag und ein Fastentag ab. In der strengsten Form wird am Fastentag gar nichts gegessen. Häufiger ist jedoch, dass am Fasten- tag eine kleine Mahlzeit von etwa 500 kcal erlaubt ist. Die Forschung, bspw. von Dr. Krista Varady, zeigt hier deutliche Erfolge beim Abnehmen und bei der Verbesserung von Risikofaktoren wie hohes LDL-Cholesterin und Bluthochdruck. Diese Methode gilt aber als anspruchsvoller und hat höhere Abbruchraten.

WEITERE VARIANTEN

Weitere Ansätze sind bspw.

  • die Eat-Stop-Eat-Methode: ein bis zwei 24-Stunden-Fastentage pro Woche,
  • das sanftere Dinner Cancelling: Verzicht auf das Abendessen an einigen Tagen, was zu ca. 14 Fastenstunden führt, oder
  • die Warrior-Diät: eine Hauptmahlzeit am Abend.

Fazitpage17image56678080 page17image107082880 page17image107076608 page17image107085680 page17image56681408

Es gibt anhaltende Debatten darüber, ob die Vorteile von Intervallfasten von der Mahlzeitenzeit oder der reduzierten Kalorien-aufnahme stammen. Wissenschaftliche Untersuchungen der letzten Jahre deuten darauf hin, dass Intervallfasten bei korrekter Anwendung eine wirksame Methode zur Gewichtsreduktion bei Erwachsenen sein kann, insbesondere bei Übergewicht und Adipositas, und positive Auswirkungen auf verschiedene Stoffwechselparameter wie Insulinsensitivität, Blutzuckerregulation und Blutfettprofile hat.

Meiner Meinung nach ist das Konzept verlockend einfach umzusetzen, doch sollte stets auf eine ausgewogene und nährstoffreiche Ernährung während der Essensperioden geachtet werden. Und Vorsicht: Nicht für jeden ist Intervallfasten geeignet. Klare Kontraindikationen gelten für Schwangere, Stillende, Kinder, Jugendliche, Menschen mit Untergewicht oder Essstörungen oder Vorerkrankungen. Ich rate daher zu einer ärztlichen Abklärung, wenn Unsicherheit besteht. Und falls man während dem Fasten merkt, dass es nicht guttut: abbrechen und Expert:innen hinzuziehen!

Loading

Teilen auf

Facebook

Weitere Artikel

Im Angesicht der Menopause: Auf den Körper hören, eigene Entscheidungen treffen

Die Menopause ist ein Thema, das immer noch viele Fragen aufwirft, obwohl es viele Frauen in einem entscheidenden Moment ihres Lebens betrifft. Jede Frau durchläuft diese Phase anders, mit eigenen Gefühlen und Bedürfnissen. Wichtig ist, dass Sie die Behandlung finden, die am besten zu Ihrem Körper, Ihrem Rhythmus und Ihren Wünschen passt. Sophie, 58, Sicherheitsbeamtin und Mutter von zwei Kindern, hat sich bereiterklärt, ihre Erfahrungen offen zu teilen.

Loading

Mehr lesen »

Idiopathische Lungenfibrose: von anhalten- dem Husten bis zur Lungentransplantation

Die idiopathische Lungenfibrose (IPF) ist eine schwere Lungenerkrankung, deren Ursachen noch weitgehend unbekannt sind. Sie führt zu einer fortschreitenden, irreversiblen Vernarbung des Lungengewebes und vermindert so die Sauerstoffversorgung des Blutes. Leider wird die Krankheit oft erst spät diagnostiziert, da die frühen Symptome leicht mit einem einfachen Husten oder einer hartnäckigen Erkältung verwechselt werden können. Anhand der Geschichte von Urbain Ndecky, einem 57-jährigen Mann mit aussergewöhnlichem Mut, wird deutlich, wie aus einem einfachen Husten ein täglicher Kampf ums Überleben werden kann.

Loading

Mehr lesen »

Melanom: Die Sonne –ein Vergnügen, das für Kahina zum Albtraum wurde

Jährlich erkranken Tausende von Menschen an einem Melanom, einem oft unauffälligen, aber ausserordentlich gefährlichen Hautkrebs. Die 35-jährige Kahina, eine lebenslustige Zugkontrolleurin und leidenschaftliche Reisende, erfuhr auf drastische Weise von den Risiken, die mit übermässiger Sonneneinstrahlung verbunden sind. Ihr Weg, der von Ängsten, invasiven Behandlungen und einer plötzlichen Erkenntnis geprägt ist, zeigt, wie wichtig Prävention und Früherkennung sind. Heute teilt sie ihre Geschichte mit grossem Engagement, um jeden dazu anzuregen, sich um seine Haut zu kümmern.

Loading

Mehr lesen »

Wenn Tinte die Seele heilt: Einblick in die Welt der therapeutischen Tätowierung

Tätowierungen sind nicht nur eine künstlerische Ausdrucksform oder ein blosser Trend. Es kann auch eine echte Unterstützung auf dem Weg der Heilung oder des Wiederaufbaus sein, sei es, um die Folgen eines Unfalls, einer Operation oder einer Krankheit zu überwinden. Laura Vicino, Hautspezialistin und Unternehmerin, hat diesen Therapieansatz zu ihrem Spezialgebiet gemacht. Heute erzählt sie uns, wie Tinte und Kreativität dabei helfen können, den eigenen Körper wieder anzunehmen und Selbstvertrauen zu gewinnen.

Loading

Mehr lesen »