Notfall oder Bagatelle: Ein Ratgeber schafft Abhilfe

Abgerufen von giphy.com

Wie sollen Patientinnen und Patienten reagieren, wenn gesundheitliche Probleme auftreten? Muss man sofort in die Notfallstation? Ist ein Arztbesuch angezeigt oder reicht eine einfache Behandlung mit der Hausapotheke? Der neue Ratgeber «SOS Arzttermin» liefert dazu schnelle, praktische und zuverlässige Antworten. Der Herausgeber Dr. med. Philippe Furger beantwortet die wichtigsten Fragen. Von Ana Popov

Für wen eignet sich der Ratgeber «SOS Arzttermin»?

Grundsätzlich gehört der Ratgeber in jeden Haushalt. Das Buch ist nach den häufigsten medizinischen Symptomen aufgebaut – jeweils für Kinder und Erwachsene – und liefert je Symptom eine Hilfestellung für die nächsten Schritte. Der Ratgeber ist in einem klassischen 3-Stufen-Modell konzipiert. Rot bedeutet oberste Dringlichkeitsstufe. Hier ist sofortige ärztliche Hilfe notwendig. Es wird zusätzlich noch unterschieden, ob eine Ambulanz notwendig ist (144 oder Rega 1414) oder ob gegebenenfalls ein Transport mit einem Privatfahrzeug, gefahren von einer Begleitperson, möglich ist. Die Dringlichkeitsstufe Orange bedeutet, dass eine ärztliche Kontrolle am selben Tag empfohlen wird und schliesslich bei der grünen Dringlichkeitsstufe kann ein ärztlicher Kontakt zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Wieso sollte ich zuerst den Ratgeber konsultieren, bevor ich eine Ärztin, einen Arzt aufsuche?

Mit dem Ratgeber werden zwei Ziele verfolgt. Erstens soll der Patientenfluss bei Notfallsituationen so reguliert werden, dass nur wirklich akute Fälle sofort medizinisch abgeklärt werden und weniger akute Fälle nicht im Rahmen einer Notfallkonsultation stattfinden müssen. Durch diese Kanalisierung werden Notfallstationen und Hausarztpraxen entlastet. Ein zweites Ziel ist es, durch die Empfehlungen den stetig wachsenden Gesundheitskosten und den damit verbundenen steigenden Krankenkassenprämien entgegenzuwirken.

Wenn beispielsweise bei starken Bauchschmerzen als Transportmittel ein Privatfahrzeug und nicht die Ambulanz empfohlen wird, werden Kosten für die Ambulanz von circa 1‘000 Franken pro Fall vermieden. Nicht zuletzt wird rund die Hälfte der Fälle als «grün» eingestuft. Hier genügt ein Gang in die Apotheke oder eine Behandlung in eigener Regie – oder es erübrigt sich sogar eine professionelle medizinische Versorgung gänzlich, weil sich das Problem «von selbst» löst.

Wie sind die Inhalte des Ratgebers entstanden?

Die Inhalte wurden von unserem über 50-köpfigen Team aus Schweizer Ärztinnen und Ärzten erstellt. Das Autorenteam umfasst Spezialistinnen und Spezialisten auf dem Gebiet der Kindermedizin und allen anderen Fachrichtungen der Medizin und der Chirurgie. Ausserdem haben wir mit dem Tox Info Suisse, der 144-Telefonzentrale in Lausanne (Urgences Santé) und dem zahnärztlichen Institut des Universitätsspitals Zürich zusammengearbeitet.

Basis des Ratgebers bildete eine Studie¹, welche über 32’000 Notfall-Telefon-Konsultationen analysiert und nach Häufigkeit gegliedert hat. Wir haben aus dieser Datenbank die 40 häufigsten Leitsymptome für Kinder und Erwachsene ausgewählt und dafür mit unserem SOS-Spezialistenteam unsere Empfehlungen hinsichtlich Dringlichkeit einer medizinischen Erstversorgung erarbeitet.

Ein Vorläufer dieses Werkes heisst «Red Flags.» Dieses Werk wurde im Jahr 2013 das erste Mal in der Schweiz publiziert. Es richtete sich an das Personal im Gesundheitswesen. Basierend auf diesem Buch wurde «SOS Arzttermin» geschaffen, wobei alle medizinischen Fachausdrücke in für jedermann verständlicher Sprache übersetzt wurden – medizinische Fachkenntnisse sind nicht nötig. Ergänzt wird das Buch mit einem SOS-Lexikon mit über 50 Seiten, das Ausdrücke erklärt, die man vielleicht kennt, aber nicht ganz sicher ist, was sie eigentlich bedeuten.

 

Referenzen:
1. Meer A. Using medical call center data to explore the ecology of health information: a prospective 
cross-sectional study; 2007

 
Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Abonnieren Sie die Printversion von Gesundheitsecho, um Zugriff auf alle Informationen zum Thema zu haben: Erfahrungsberichte, Tests, nützliche Adressen, Infografiken und mehr.
Also warten Sie nicht länger!
CHF39.00
Oder abonnieren Sie direkt 8 Ausgaben!
CHF78.00

Loading

Teilen auf

Facebook

Weitere Artikel

Dank pulmonaler Rehabilitation wieder richtig durchatmen

Kurzatmigkeit, Atemnot bei der geringsten Anstrengung, soziale Isolation: Mit diesen Schwierigkeiten haben viele Menschen zu kämpfen, die an chronischen Atemwegserkrankungen leiden. Die pulmonale Rehabilitation bietet eine angepasste und multidisziplinäre Lösung, die nicht nur die Atmung verbessert, sondern auch die damit verbundenen Einschränkungen verringert und die Resozialisierung der Patienten fördert.

Loading

Mehr lesen »

Schnarchen und Müdigkeit: Ein Bericht über ein Leben zu zweit

In der Stille der Nacht soll der Schlaf ein Zufluchtsort sein, ein Moment des Friedens, den man mit seinen Liebsten teilt. Für viele wird diese Ruhe jedoch durch ein vertrautes und störendes Geräusch unterbrochen: das Schnarchen. Während man in einer lockeren Unterhaltung vielleicht darüber lacht, wird es für manche Paare zur Zerreissprobe. Geduld, Schlaf und sogar Intimität werden auf die Probe gestellt. Adeline, 42, und ihr Mann Patrice, 50, können ein Lied davon singen.

Loading

Mehr lesen »

Schlafapnoe: Wenn die Nacht Ihren Atem raubt

Nachts, wenn die Welt friedlich schläft, kämpfen manche Menschen unwissentlich gegen einen unsichtbaren Feind: die Schlafapnoe. Diese Störung, die durch wiederholte Atemstillstände während des Schlafs gekennzeichnet ist, betrifft Tausende von Menschen in der Schweiz und auf der ganzen Welt, oft ohne, dass sie es bemerken. Für Carlos, einen 59-jährigen Mann mit fröhlichem Temperament, Lebenslust und leidenschaftlicher Bauingenieur, war diese Tatsache lange Zeit ein Rätsel.

Loading

Mehr lesen »

Lungen, erzählen sie uns alles!

Die Lungen sind nicht nur einfache Atmungsorgane, sondern wahre Wunderwerke: Sie schwimmen, reinigen sich selbst und passen sich extremen Bedingungen an. Grund genug, sie gut zu pflegen! Und vor allem versorgen sie uns mit Sauerstoff. Sie sind das einzige Organ, das im Wasser schwimmt, da sie immer kleine Mengen Luft in ihren Alveolen enthalten – sogar nach dem Tod.

Loading

Mehr lesen »

Heuschnupfen: Wenn Pollen unseren Alltag beeinträchtigen

Heuschnupfen, auch saisonale allergische Rhinokonjunktivitis genannt, ist eine Erkrankung, von der ein erheblicher Teil der Schweizer Bevölkerung betroffen ist. Laut vorliegenden Daten leiden etwa 20% der Schweizer:innen an einer Pollenallergie1. Diese hohe Prävalenz unterstreicht, wie wichtig es ist, die Symptomatik, die Profile der am stärksten betroffenen Patient:innen, die vorbeugenden Massnahmen sowie die möglichen Komplikationen, die mit dieser Allergie verbunden sind, zu verstehen. Um diese Aspekte zu beleuchten, haben wir Dr. med. Lionel Arlettaz, Leitender Arzt der Abteilung Immuno-Allergologie am Zentralinstitut der Spitäler in Sitten, befragt.

Loading

Mehr lesen »

Romain, der ewige Mückenmagnet

Romain, 28 Jahre alt, liebt sein kleines Haus in der Nähe eines Flusses, umgeben von Natur. Morgens weckt ihn das Plätschern des Wassers, abends geniesst er den Sonnenuntergang auf seiner Terrasse. Alles könnte so idyllisch sein, doch diese mühsamen Mücken machen ihm einen Strich durch die Rechnung. Warum immer er von den Mücken gestochen wird, kann er sich nicht erklären. Aber irgendwie scheint er der Hauptgang ihres Buffets zu sein. Wenn er mit seinen Freund:innen draussen abhängt, kann er wetten, dass er am Ende mindestens zehn Mal mehr Stiche hat als alle anderen zusammen.

Loading

Mehr lesen »