

HPV ist weltweit verbreitet und betrifft die meisten Menschen irgendwann im Leben. Während viele Infektionen unbemerkt ausheilen, können andere schwerwiegende Folgen haben. Umso wichtiger sind Aufklärung, Vorsorge und Impfung. Dr. med. Natalia Trofimchuk, Oberärztin für Frauenmedizin, erklärt, worauf es bei der Prävention ankommt und welche Rolle moderne Screeningmethoden spielen. | Noémie Aeschlimann
Können Sie uns erklären, was HPV ist und wie es übertragen wird?
HPV steht für Humanes Papillomavirus. Es handelt sich dabei um eine sehr häufige und weit verbreitete Virusinfektion, die weltweit auftritt. Schätzungen zufolge infizieren sich über 80% aller sexuell aktiven Menschen mindestens einmal im Laufe ihres Lebens mit HPV. Es gibt mehr als 200 verschiedene HPV-Typen, von denen viele harmlos verlaufen und vom Körper unbemerkt wieder ausgeschieden werden. Einige dieser Typen, die sogenannten Hochrisiko-HPV-Typen, stehen in engem Zusammenhang mit der Entstehung von bestimmten Krebsarten, insbesondere dem Gebärmutterhals- krebs.
Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch direkten Haut-zu-Haut- Kontakt im Intimbereich, in den meisten Fällen also beim Geschlechtsverkehr. Kondome können das Risiko zwar deutlich reduzieren, bieten jedoch keinen vollständigen Schutz, da das Virus auch über nicht bedeckte Haut- und Schleimhautareale übertragen wird. Weniger bekannt, aber wichtig zu erwähnen ist, dass HPV auch beim Oralsex übertragen werden kann, was Infektionen im Mund- und Rachenraum zur Folge haben kann. HPV kann ausserdem auf Haut- und Schleimhautoberflächen überleben und sich dort halten. Das erhöht die Gefahr der Ansteckung zusätzlich.
Welche Symptome kann eine HPV-Infektion bei Frauen verursachen?
Das Tückische an HPV ist, dass die meisten Infektionen völlig symptomlos verlaufen. Viele Frauen bemerken gar nichts und erfahren erst bei einer gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung, etwa durch auffällige Zellveränderungen im Pap-Abstrich, dass sie infiziert sind. Es gibt jedoch auch HPV-Typen wie zum Bei- spiel Typ 6 und 11, die sogenannte Genitalwarzen verursachen können. Diese sind zwar nicht gefährlich, können aber sehr unangenehm sein. Sie lassen sich gut behandeln, kommen jedoch häufig wieder. Die wirklich bedenklichen HPV-Typen sind die Hochrisikotypen, insbesondere Typ 16 und 18.
Diese können über viele Jahre hinweg Veränderungen der Zellen verursachen, sogenannte Dysplasien. Dabei handelt es sich um potenzielle Vorstufen von Krebs. Häufig betroffen ist der Gebärmutterhals, aber auch andere Schleimhäute wie die der Vagina, des Afters, des Penis sowie der Mund- und Rachenraum können infiziert werden. Je nach Lokalisation bleiben diese Veränderungen lange unbemerkt. Deshalb sind regelmässige Kontrollen so wichtig.
Ist HPV immer gleichbedeutend mit Krebs oder einer schweren Erkrankung?
Nein. In den allermeisten Fällen wird die Infektion vom körpereigenen Immunsystem innerhalb von etwa zwei Jahren vollständig eliminiert, ganz ohne medizinische Behandlung. Problematisch wird es dann, wenn die Infektion nicht ausheilt, sondern chronisch wird. Dann können sich die infizierten Zellen schrittweise verändern und entarten. Wichtig ist auch zu wissen, dass Gebärmutterhalskrebs sich nicht plötzlich entwickelt. Zwischen einer Infektion mit Hochrisiko-HPV und dem Auftreten eines invasiven Karzinoms liegen in der Regel zehn bis fünfzehn Jahre. Das gibt uns ein sehr wertvolles Zeitfenster für Vorsorge, Diagnostik und Therapie.
Welche Rolle spielt der Pap-Abstrich (Zervixabstrich) bei der Erkennung von HPV-Infektionen?
Der Pap-Abstrich ist zusammen mit der Impfung eines der wirksamsten Mittel zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs. In der Schweiz wird Frauen ab dem 21. Lebensjahr eine jährliche zytologische Kontrolle empfohlen. Ab dem 30. Lebens- jahr wird zusätzlich häufig ein HPV-Test durchgeführt, um gezielt nach Hochri- siko-Typen zu suchen. Diese Kombination aus zytologischer Beurteilung und molekularer Diagnostik ist sehr effektiv, um frühe Zellveränderungen aufzudecken, die sich möglicherweise zu Krebs entwickeln könnten. Frühzeitig erkannt, sind diese Veränderungen in der Regel gut behandelbar. Das organisierte Vorsorgeprogramm in der Schweiz hat die Sterblichkeit an Gebärmutterhalskrebs in den letzten Jahrzehnten um über 70% gesenkt. Das ist ein grosser Erfolg für die moderne Medizin.
Welche Ratschläge geben Sie Ihren Patientinnen, um das Risiko für Komplikationen im Zusammenhang mit HPV zu verringern?
Die wichtigste Massnahme zur Verhinderung von HPV-bedingten Erkrankungen ist die Impfung. In der Schweiz wird die HPV-Impfung für Mädchen und Jungen im Alter zwischen 11 und 14 Jahren empfohlen. Die Impfung ist auch nachholbar, und zwar bis zum 26. Lebensjahr. Danach ist die Impfung in bestimmten Fällen weiterhin sinnvoll, zum Beispiel bei Menschen mit Immunschwäche oder HIV. Die Impfung schützt vor den gefährlichsten HPV-Typen, die für den Grossteil der Fälle von Gebärmutterhalskrebs und Genitalwarzen verantwortlich sind. Studien zeigen, dass durch die Impfung bis zu 90% der HPV-assoziierten Krebserkrankungen verhindert werden können. Neben der Impfung ist auch ein gesunder Lebensstil wichtig. Nicht zu rauchen ist dabei zentral, denn Nikotin schwächt die lokale Immunabwehr im Genitalbereich. Auch die konsequente Verwendung von Kondomen trägt zur Risikoreduktion bei. Zwar bieten Kondome keinen vollständigen Schutz vor HPV, aber sie senken die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung deutlich. Und schliesslich: Regelmässige Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. Das Zusammenspiel von Impfung, Lebensstil und Screening ist der beste Schutz.
Ein letztes Wort?
Wir leben in einer Zeit, in der viele Krebs- arten, zumindest teilweise, durch Impfung und Vorsorge vermeidbar sind. Das ist ein grosser medizinischer Fortschritt, den wir aktiv nutzen sollten. Leider liegt die Durchimpfungsrate bei Mädchen in der Schweiz noch unter 70%, bei Jungen sogar noch tiefer. Das ist nicht nur schade, sondern ein unnötiges Risiko. Wir müssen offener über HPV sprechen. In Familien, in Schulen, in medizinischen Einrichtungen und in der Gesellschaft insgesamt. Denn HPV betrifft nicht nur Frauen. Prävention beginnt mit Aufklärung und endet im besten Fall mit einer schützenden Impfung. Wenn wir diese Möglichkeiten nutzen, können wir einen grossen Schritt für die Gesundheit aller machen. Nachhaltig und wirkungsvoll.

