Warum Schwerhörigkeit und grauer Star Demenz fördern

Die Longevity Expertin, Bestsellerautorin, Podcasterin («staYoung – Der Longevity-Podcast») und Moderatorin («heute journal», «Leute heute») schreibt in Gesundheitsecho über gesundes Altern. Von Nina Ruge

Altern beginnt in unseren Zellen. Auch Demenz, das furchtbare Schreckgespenst. Zwei «schreck»-liche Zahlen sagen alles: circa 153’000 Demenz-Kranke gibt es heute in der Schweiz, die meisten leiden an Alzheimer. Jedes Jahr kommen rund 32’900 Patient:innen hinzu. Dazu die Hilflosigkeit: Heilung ist nicht in Sicht. Therapien und Medikamente können das Fortschreiten der geistigen Umnachtung nur verzögern, mehr nicht. Deshalb möchte ich heute vor allem von den jüngsten Erkenntnissen berichten, wie wir Alzheimer vorbeugen können – denn da gibt es heutzutage einiges!

Um das zu verstehen, braucht’s ein bisschen Zellbiologie: Nervenzellen sind sehr sensibel. Schliesslich werden sie so alt wie wir, sie teilen sich nicht. Sie altern. Drei Angriffen sind sie ganz besonders ausgesetzt: Verklumpungen, Entzündungen und aggressiven freien Radikalen. Alles zusammen bringt Nervenzellen um. Erinnerung erlischt, Persönlichkeit schwindet – ein Albtraum.

Was also können wir tun? Wie stark sind wir genetisch programmiert? Ja, es gibt ein Gen, das die Gefahr enorm erhöht. APOE4 heisst es. Doch nur rund 2% ha- ben dieses Gen von Mutter UND Vater, sind also stark gefährdet. Alzheimer scheint viel mehr ein Alterungsprozess zu sein, der enorm durch den Lebensstil gesteuert wird. Summa summarum – so schätzen die Expert:innen – können wir zu 40% Ausbruch und Verlauf selbst beeinflussen! Also tun wir das bitte, und zwar bereits möglichst früh. Hier sind drei aktuelle Forschungsergebnisse für Sie.

 

Empfehlung Nummer 1:

Das dürfte Sie jetzt erstaunen: Aber wer schon jenseits der 45 feststellen muss, dass er auf Partys oder in belebter Innenstadt auf der Leitung steht, weil er einfach nicht richtig gut hört, und dann einfach nichts tut, der verdoppelt sein Risiko, im Alter an Alzheimer zu erkranken. Ein Hörtest und dann eventuell ein Hörgerät könnte Sie schützen. Das Gleiche gilt für ältere Menschen mit grauem Star.

Forscher:innen vermuten, dass der gelbliche Belag auf den Augenlinsen nicht nur die Sicht stark behindert, sondern vor allem dem blauen Licht den Eintritt ins Auge verwehrt. Und blaues Licht lenkt über bestimmte Nervenknoten im Gehirn viele kognitive Funktionen, auch die Tag-Nacht-Steuerung unseres Stoffwechsels – und somit die Alzheimer-Gefahr. Wer schlecht hört UND schlecht sieht, hat laut einer aktuellen Studie ein sage und schreibe um 267% erhöhtes Risiko, an Alzheimer zu erkranken.

Ausserdem führen Schwerhörigkeit und schlechtes Sehen oft in die soziale Isolation und solch geringe geistige Anregung kann Nervenzellen regelrecht verkümmern lassen. Und: Wer schlecht sieht und hört, treibt oft weniger Sport, weil er sich unsicherer bewegt – ein weiterer Risikofaktor für Demenz! Also unbedingt ein Hörgerät, wenn nötig! Den grauen Star lassen eh schon jährlich 700’000 Menschen operieren – weshalb nicht Sie, wenn es nötig und möglich ist?

Empfehlung Nummer 2:

Die MIND-Diät. Das Rush University Medical Center in Chicago hat eine Ernährung entwickelt, die das Alzheimer-Risiko bei älteren Menschen nach fünf Jahren immerhin halbierte. Sie ist mit der mediterranen Diät verwandt: viel Gemüse, Bohnen, Beeren, Nüsse, dazu Vollkornprodukte, ein wenig Geflügel, Fisch. Auch hier ist das Weglassen der Clou: kein rotes Fleisch, keine Butter, nichts Süsses, kein fetter Käse, nichts Frittiertes, kein Fast Food. Wäre das nicht auch etwas für Sie? Es lohnt sich!

Empfehlung Nummer 3:

Ginkgo-Extrakt wird bei altersbedingter Vergesslichkeit und beginnender Demenz eine gewisse verzögernde Wirkung nachgesagt. Beim Extrakt des Weizenkeims, dem Spermidin, ist man noch nicht ganz so weit. Aber deutliche Hinweise darauf fand man durchaus. Die Vitamine D und B12 sowie Omega-3-Fettsäuren werden zur Prophylaxe ebenso empfohlen. Der ernst zu nehmendste Risikofaktor ist aber die Bewegungslosigkeit. Wer zu viel sitzt oder inaktiv ist, der fordert sein Gehirn nicht.

Eine Studie der University of Sydney hat ergeben, dass 6’300 Schritte am Tag (mit flotten 112 Schritten pro Minute) ausreichen, um das Demenzrisiko um 57% (!) zu senken. Als Sahnehäubchen möchte ich Ihnen noch den «kreativtherapeutischen Ansatz» servieren: Entdecken und nutzen Sie hemmungslos neue Areale Ihres Gehirns! Tanzen Sie, malen oder singen Sie, lernen Sie ein Instrument oder schreiben Sie Ihre Autobiografie, das hilft bei Demenz! Und ich bin überzeugt: Das tut uns allen gut – in jedem Alter…

 
Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Abonnieren Sie die Printversion von Gesundheitsecho, um Zugriff auf alle Informationen zum Thema zu haben: Erfahrungsberichte, Tests, nützliche Adressen, Infografiken und mehr.
Also warten Sie nicht länger!
CHF39.00
Oder abonnieren Sie direkt 8 Ausgaben!
CHF78.00

Loading

Teilen auf

Facebook

Weitere Artikel

Allergien: Wenn der Körper nein sagt

Das Auftreten einer Allergie kann das Leben von Betroffenen auf den Kopf stellen. Ob es sich um leichte Reaktionen oder echte Notfälle handelt, jeder Erfahrungsbericht liefert einen wertvollen Einblick in die Vielfalt dieser Sensibilitäten. Betrachten wir die Geschichten von sechs Personen, die vor dieser Herausforderung stehen.

Loading

Mehr lesen »

Dank pulmonaler Rehabilitation wieder richtig durchatmen

Kurzatmigkeit, Atemnot bei der geringsten Anstrengung, soziale Isolation: Mit diesen Schwierigkeiten haben viele Menschen zu kämpfen, die an chronischen Atemwegserkrankungen leiden. Die pulmonale Rehabilitation bietet eine angepasste und multidisziplinäre Lösung, die nicht nur die Atmung verbessert, sondern auch die damit verbundenen Einschränkungen verringert und die Resozialisierung der Patienten fördert.

Loading

Mehr lesen »

Schnarchen und Müdigkeit: Ein Bericht über ein Leben zu zweit

In der Stille der Nacht soll der Schlaf ein Zufluchtsort sein, ein Moment des Friedens, den man mit seinen Liebsten teilt. Für viele wird diese Ruhe jedoch durch ein vertrautes und störendes Geräusch unterbrochen: das Schnarchen. Während man in einer lockeren Unterhaltung vielleicht darüber lacht, wird es für manche Paare zur Zerreissprobe. Geduld, Schlaf und sogar Intimität werden auf die Probe gestellt. Adeline, 42, und ihr Mann Patrice, 50, können ein Lied davon singen.

Loading

Mehr lesen »

Schlafapnoe: Wenn die Nacht Ihren Atem raubt

Nachts, wenn die Welt friedlich schläft, kämpfen manche Menschen unwissentlich gegen einen unsichtbaren Feind: die Schlafapnoe. Diese Störung, die durch wiederholte Atemstillstände während des Schlafs gekennzeichnet ist, betrifft Tausende von Menschen in der Schweiz und auf der ganzen Welt, oft ohne, dass sie es bemerken. Für Carlos, einen 59-jährigen Mann mit fröhlichem Temperament, Lebenslust und leidenschaftlicher Bauingenieur, war diese Tatsache lange Zeit ein Rätsel.

Loading

Mehr lesen »

Lungen, erzählen sie uns alles!

Die Lungen sind nicht nur einfache Atmungsorgane, sondern wahre Wunderwerke: Sie schwimmen, reinigen sich selbst und passen sich extremen Bedingungen an. Grund genug, sie gut zu pflegen! Und vor allem versorgen sie uns mit Sauerstoff. Sie sind das einzige Organ, das im Wasser schwimmt, da sie immer kleine Mengen Luft in ihren Alveolen enthalten – sogar nach dem Tod.

Loading

Mehr lesen »