
Facharzt für Anästhesiologie
Interventionelle Schmerzmedizin in Luzern
Chronische Schmerzen sind weit verbreitet und belasten Betroffene wie auch das Gesundheitssystem erheblich. In diesem Gespräch gibt Dr. med. Lucian Macrea, Facharzt für Anästhesiologie Interventionelle Schmerzmedizin in Luzern, Einblicke in die invasive Schmerztherapie. Er erklärt, wie gezielte Eingriffe Schmerzen lindern können, welche Patientengruppen davon profitieren und warum psychosoziale Faktoren und interdisziplinäre Zusammenarbeit entscheidend für den Therapieerfolg sind. | Noémie Aeschlimann
Was versteht man unter invasiver Schmerztherapie und wann kommen solche Behandlungen in Frage?
Invasive oder interventionelle Schmerztherapie umfasst gezielte Eingriffe wie Spritzen oder Operationen, um Schmerzen anatomisch zu lokalisieren und gezielt zu behandeln.
Anders als bei ausschliesslich medikamentöser oder physiotherapeutischer Therapie werden hier Interventionen eingesetzt, um Ursachen zu identifizieren und zu lindern. Der Begriff ist jedoch eng gefasst, da Schmerzmedizin weit mehr beinhaltet: Sie bezieht die Ursachenforschung ebenso ein wie den individuellen Umgang der Patient:innen mit ihren Schmerzen.
Welche Beschwerden sehen Sie bei Ihren Patient:innen am häufigsten?
Hauptsächlich Rückenschmerzen, sowohl bei voroperierten als auch nicht voroperierten Patient:innen. Operationen sind nur bei einem kleinen Teil sinnvoll, werden aber häufiger durchgeführt als medizinisch notwendig. Auffällig sind regionale Unterschiede: In der Romandie wird deutlich weniger am Rücken operiert als in der Deutschschweiz. Menschen mit hoher beruflicher und sozialer Belastung, etwa in Bürotätigkeiten, sind besonders häufig von chronischen Rückenschmerzen betroffen. In unseren Breitengraden ist die körperliche Beanspruchung in Berufen mit hoher physischer Belastung wie im Strassenbau jedoch enorm und entsprechend hoch ist hier auch die Zahl der Betroffenen.
Wie gehen Sie bei der Abklärung und Entscheidung für eine Therapie vor?
Zunächst erfolgt ein ausführliches Gespräch, meist über eine Stunde. Die Therapieplanung basiert auf vier Achsen: Medikamente, Physiotherapie, Psychotherapie und Intervention. Wichtig ist, ob der Patient oder die Patientin den Einfluss psychischer Faktoren erkennt. Interventionen zielen darauf ab, den Schmerz zu lokalisieren und so diagnostische und therapeutische Ergebnisse zu erreichen.
Welche Herausforderungen gibt es beim Umgang mit Ängsten vor Schmerztherapien?
Viele Patient:innen haben Angst vor invasiven Verfahren, insbesondere vor Verletzungen, wobei Vorurteile weniger verbreitet sind als Unkenntnis über spezialisierte Schmerzmediziner:innen.
Was ist Ihnen in der Zusammenarbeit mit chronisch Schmerzgeplagten besonders wichtig?
Patient:innen müssen verstehen, dass sie aktiv an ihrer Therapie mitwirken sollen. Schmerz zwingt oft zu tiefgreifenden Lebensveränderungen, was besonders für Menschen mit körperlich belastenden Berufen existenziell ist. Das biopsychosoziale Modell verdeutlicht, dass eine erfolgreiche Behandlung ohne eine stabile soziale Basis kaum möglich ist. Bei einer Langzeitarbeitsunfähigkeit von mehr als zwei Jahren sind die Chancen auf eine berufliche Wiedereingliederung in der Regel sehr gering.
Ihr letztes Wort?
Die Schmerzmedizin ist unterrepräsentiert. Dabei sind die gesellschaftlichen und ökonomischen Auswirkungen enorm. Rückenschmerzen verursachen mehr Arbeitsausfälle als Krebs und kardiovaskuläre Erkrankungen zusammen. Statt Profitinteressen sollten Qualität und interdisziplinäre Zusammenarbeit im Vordergrund stehen. Bildung ist dabei der wichtigste Hebel, um Schmerzmedizin bekannter zu machen und ihre Bedeutung zu vermitteln.
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