Kann die Altersuhr tatsächlich rückwärtslaufen?

Nina Ruge 
Die Longevity Expertin, Bestsellerautorin, Podcasterin («staYoung – Der Longevity-Podcast») und Moderatorin («heute journal», «Leute heute») bringt uns die faszinierenden Erkenntnisse der Langlebigkeits-Forschung nahe – und zwar so, dass man Lust auf mehr bekommt! 

Wie versprochen nehme ich Sie hier mit auf eine Verjüngungs-Tour! Was können Sie tun, egal wie alt Sie sind, um Ihren Zellen einen Energieschub zu verpassen? Wie sollten Sie Ihr Leben organisieren, Ihre Ernährung, den Sport, das Schlafpensum, den Cocktail an Nahrungsergänzungsmitteln, um Ihr hochintelligent agierendes Einsatzkommando für Zellreparatur auf Höchstleistung zu bringen? Um jung zu bleiben – oder vielleicht sogar jünger zu werden? Da heben sich vielleicht die Augenbrauen. Verjüngung? Hokuspokus! Hat denn jemals einer nachweisen können, dass Verjüngung möglich ist? Wissenschaftlich und unbestechlich? | Nina Ruge

Doch genau das ist möglich

Und das schon seit gut zehn Jahren. Damals stellte der US- Alternsforscher und Genetiker Steve Horvath ein bahnbrechendes Messinstrument für unser wahres Alter, für unser «biologisches Alter», vor: die epigenetische Uhr. Sie ahnen es: Mit einem Zeitmesser, wie wir ihn alle am Handgelenk tragen, hat diese auf Algorithmen basierte Revolution der Alternsforschung nichts zu tun. Diese «Uhr» braucht einen Blutstropfen von Ihnen – oder auch ein wenig Speichel (diverse Anbieter von epigenetischen Alterstests finden Sie z. B. im Internet). Das heisst: Sie will Ihre Erbsubstanz, Ihre DNA, und nimmt unter die Lupe, was sich dort so alles angesiedelt hat. Da gibt es sehr flexible Ausschalter, die bestimmen, was abgelesen wird von Ihrer Erbsubstanz, welche Enzyme, welche Proteine gebildet werden und welche nicht. Diese Schalter sind sehr kleine Moleküle namens Methylierungen, die dank Steve Horvath zu grosser Berühmtheit gelangt sind.

Ein regenerierender Wirkstoffcocktail

Und jetzt kommt es: Jedes Alter zeigt seine sehr speziellen Methylierungsmuster. Heute ist es also möglich, anhand der Analyse Ihrer Zell-DNA (eben aus Ihrem Speichel oder einem Blutstropfen) zu erkennen, wie «alt» diese Zelle tatsächlich ist. Ist sie so fit wie die Zellen eines typischen Gleichaltrigen, sind die Ausschaltmuster ihrer Aktivität «altersgemäss»? Oder legt dieses Muster vielleicht schonungslos offen, dass Ihre Zellen stärker gealtert sind? Oder – was jeder hoffen wird – sind sie jünger, als Ihr Geburtsjahr dokumentiert? Sind Ihre Zellen also deutlich fitter?

Die horvathsche epigenetische Uhr hat eine Zeitenwende in der Alternsforschung eingeläutet. Nun kann man tatsächlich messen, ob eine Verjüngungskur funktioniert! Heute sind bezahlbare Verfahren auf dem Markt, und sie werden breit genutzt. Konnte denn damit jemals tatsächlich «Verjüngung» gemessen werden? Die bekannteste Studie dazu war eigentlich keine Studie, weil viel zu wenig Teilnehmer dabei waren, nur neun Männer jenseits der 50.

Doch sorgte die Studie für eine Sensation in der Alternsforschung: TRIlM war ihr Name, der Leiter war Prof. Greg Fahy von der Stanford University. Die neun Männer spritzten sich über ein Jahr lang fast jede Nacht einen bestimmten Wirkstoffcocktail in die Bauchdecke, von dem Fahy annahm, dass er die Thymusdrüse verjüngen könnte. Der wichtigste Anteil: das altbekannte menschliche Wachstumshormon.

Die Rolle des Thymus

Die Thymusdrüse sitzt hinter unserem Brustbein und altert leider schrecklich schnell. Sie ist für unser Immungedächtnis verantwortlich und verfettet kläglich ab dem 15. Lebensjahr. Mit rund 60 ist nichts mehr vorhanden, die Immunabwehr leidet sehr. Was war nun das Ergebnis der TRIIM-Studie? Nach einem Jahr hatte sich der Thymus bei sieben der neun Männer regeneriert. Und das Frappierende war: Die epigenetische Uhr war rück- wärtsgelaufen – bei allen. Am Ende waren sie epigenetisch um zweieinhalb Jahre jünger!

Weshalb erzähle ich Ihnen davon?

Weil diese TRIUM-Studie den ersten zarten Beweis vorlegte, dass Altern doch umkehrbar sei. Und: Ohne die epigenetische Uhr wäre das nicht zu beweisen gewesen. Die habe ich auch gleich selbst genutzt. Einmal mit Speichel- und einmal mit Bluttest. Beide Male war ich sechs Jahre jünger, als im Pass zu lesen steht! Vielleicht hat das ja mit meinem Lebensstil zu tun. Mehr dazu demnächst in My Life!

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