
Die Netzhaut spielt eine zentrale Rolle für unser Sehvermögen, doch sie ist empfindlich und kann sich in bestimmten Fällen ablösen. Eine Netzhautablösung kann unbehandelt zu schwerwiegenden Sehverlusten führen. Doch welche Ursachen gibt es? Welche Symptome sollten ernst genommen werden? Und welche Behandlungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung? Um diese Fragen zu beantworten, haben wir mit Frau Dr. med. Alice Kitay gesprochen. Sie erklärt, worauf Betroffene achten sollten und warum schnelles Handeln entscheidend ist. Von Noémie Aeschlimann
Was sind die Hauptursachen für eine Netzhautablösung und die Faktoren, die das Risiko erhöhen?
Generell handelt es sich bei einer Netzhautablösung um einen medizinischen Notfall. Dabei löst sich die Netzhaut von der darunter liegenden Gewebeschicht, was unbehandelt zu schweren Sehstörungen bis hin zum vollständigen Sehverlust führen kann. Hauptrisikofaktor für eine Netzhautablösung ist das Alter: Ab etwa 50 Jahren verliert das Auge an Elastizität, wodurch sich feine Risse oder Löcher in der Netzhaut bilden können, die unbehandelt zu einer Netzhautablösung führen können. Auch Verletzungen wie starke Schläge aufs Auge können eine Netzhautablösung auslösen.
Ebenso kann die diabetische Retinopathie, die bei langjährigem oder schlecht eingestelltem Diabetes mellitus auftritt, bei einem komplizierten Verlauf zu einer Netzhautablösung führen. Ein erhöhtes Risiko besteht zudem bei familiärer Vorbelastung oder wenn eine Netzhaut-ablösung in der Vergangenheit bereits am anderen Auge aufgetreten ist. Ein weiterer Risikofaktor ist starke Kurzsichtigkeit, da die Netzhaut bei diesen Augen dünner und anfälliger für Risse ist. Seltene, aber relevante Risikofaktoren sind genetische Erkrankungen wie das Marfan- oder Ehlers-Danlos-Syndrom.
Welche Anzeichen können auf eine Netzhautablösung hinweisen und weshalb ist ein schneller Arztbesuch wichtig?
Typische erste Anzeichen einer Netzhautablösung sind plötzliche Lichtblitze, oft in dunkler Umgebung, sowie «schwimmende» Punkte oder Fäden im Sichtfeld. Ein weiteres Warnsignal ist ein vorhangartiger Schatten, der sich über das Gesichtsfeld legt. Dieser kann sich im Verlauf ausweiten und das Sehen weiter verschlechtern. In sehr seltenen Fällen verläuft eine Netzhautablösung unbemerkt, vor allem wenn sie nur lokalisiert peripher und im unteren Bereich des Auges liegt und somit das zentrale Sehen nicht direkt betroffen ist.
Ohne schnelle Behandlung kann eine Netzhautablösung irreversible Schäden verursachen bis hin zum vollständigen Sehverlust. Ausschlaggebend ist, ob das Zentrum der Netzhaut, die Makula, anliegt oder sich bei einer fortgeschrittenen Netzhautablösung bereits mit abgehoben hat. Da die Netzhaut mit ihren hochspezialisierten Zellen für die visuelle Verarbeitung und Weiterleitung der Informationen an das Gehirn zuständig ist, gehen Informationen verloren, sobald sie sich ablöst. Entsprechend ist ein schnelles Handeln wichtig, um die weitere Ausbreitung der Ablösung zu verhindern. Je länger die Netzhaut nicht anliegt, desto höher ist das Risiko einer Chronifizierung und schwerwiegender Komplikationen.
Was sind «Mouches volantes» (Myodesopsien)? Wie äussern sie sich und warum treten sie auf?
Wie wird diese Erkrankung behandelt?
«Mouches volantes» erfordern meist keine Behandlung. Eine gründliche Aufklärung nach einer augenärztlichen Untersuchung und regelmässige Kontrollen sind in den meisten Fällen ausreichend. Patient:innen gewöhnen sich häufig an den Zustand, sodass dieser im Alltag immer weniger auffällt und schliesslich kaum noch als störend empfunden wird. Wenn die Symptome jedoch die Lebensqualität beeinträchtigen, gibt es Behandlungsmöglichkeiten, wie die Vitrektomie, bei der der Glaskörper chirurgisch entfernt wird. Diese Massnahme ist jedoch nur in schweren Fällen sinnvoll, da die Operation Risiken mit sich bringen kann. Es ist wichtig, die harmlosen Floater von pathologischen Glaskörpertrübungen abzugrenzen. Wenn diese
zum Beispiel aufgrund von Netzhautrissen auftreten, muss eine Argonlaserkoagulation durchgeführt werden, bei der die umgebende Netzhaut mit einer thermischen «Schweissnaht» behandelt wird, um eine Unterspülung des Risses und damit eine Netzhautablösung zu verhindern. Ist die Netzhaut bereits abgelöst, ist eine Operation nötig. Die wichtigste Massnahme jedoch ist die regelmässige ärztliche Kontrolle sowie die Über- wachung der Netzhaut auf Löcher oder Risse.
Ab wann sollten diese Symptome Anlass zur Sorge geben und eine Notfallkonsultation rechtfertigen?
Obwohl «Mouches volantes» meist harmlos sind, können sie auch Anzeichen für ernsthaftere Probleme sein, besonders wenn plötzlich viele neue auftreten oder sie mit anderen Symptomen kombiniert sind. Sie können auf eine Netzhautablösung, einen Netzhautriss oder eine Glaskörperblutung hindeuten.
Bei solchen Symptomen sollte deshalb innerhalb kürzester Zeit ein Augenarzt oder eine Augenärztin aufgesucht werden. Warnzeichen sind plötzliche Lichtblitze, neue schwimmende Punkte, Russregen, der Verlust von Sichtfeldern oder Schatten/Vorhänge. Ich rate meinen Patient:innen immer, im Zweifelsfall lieber einmal zu viel als einmal zu wenig zum Arzt zu gehen!

Teilen auf
Kategorien
Weitere Artikel
Leben nach der Tympanoplastik
Ohrenprobleme können das Leben eines Menschen stark beeinträchtigen, besonders wenn sie chronisch werden. In diesem Artikel erzählen wir die Geschichte von Manon, einer 24-jährigen Frau, die an wiederkehrenden Mittelohrentzündungen litt und sich schliesslich einer Tympanoplastik unterzog. Wir erklären, was eine Tympanoplastik ist und wie sie Menschen mit chronischen Mittelohrentzündungen helfen kann.
Misophonie: Wenn Geräusche zu psychischer Belastung führen
Misophonie ist eine Störung, die in der Gesellschaft oft wenig bekannt ist, das Leben der Betroffenen aber tiefgreifend beeinflussen kann. Hinter dem wissenschaftlichen Begriff verbirgt sich eine neuropsychische Störung, bei der bestimmte Alltagsgeräusche intensive emotionale Reaktionen wie Wut oder Verzweiflung hervorrufen. Carine, 43 Jahre alt und Verwaltungssekretärin, lebt seit ihrer Kindheit mit dieser Überempfindlichkeit. In ihrem Erfahrungsbericht erzählt sie uns, wie diese Störung ihren Alltag und ihre sozialen Beziehungen geprägt hat.
Kataraktoperation: Was Sie wissen sollten
Katarakt (umgangssprachlich auch grauer Star) ist eine häufige Augenkrankheit bei älteren Menschen, welche die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann – wenn sie nicht behandelt wird. Um diese Erkrankung und den medizinischen Ablauf einer Kataraktoperation besser zu verstehen, haben wir Dr. med. Lilly Khamsy, FMH-Augenärztin und Chirurgin in Sion, befragt. Sie erläutert die verschiedenen Schritte im Patientenablauf und gibt Ratschläge, wie man sich optimal auf die Kataraktoperation vorbereiten kann.
Die Schweiz: Ein Land mit einem der besten Gesundheitssystem der Welt?
Das Schweizer Gesundheitssystem zählt zu den besten weltweit: flächendeckende Versorgung, Spitzenmedizin für alle und zeitnahe Arzttermine. Die Grundversicherung (KVG) deckt Basisleistungen ab, während Zusatzversicherungen (VVG) mehr Komfort bieten. Kantone und Krankenkassen spielen dabei eine zentrale Rolle.
Das HPV-Virus: Verständnis und Handeln
Das Humane Papillomavirus (HPV) zählt zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen weltweit. Es betrifft sowohl Männer als auch Frauen und kann ernsthafte gesundheitliche Folgen haben. Dieser Artikel soll HPV entmystifizieren, indem er erklärt, was es ist und wie es übertragen wird. Er beleuchtet ausserdem Symptome, Risiken und weitere wichtige Aspekte.