Vorurteile über Übergewicht: zwischen wahr und falsch Unterscheiden

Übergewicht

Übergewicht und Adipositas sind oft mit Stigmatisierung und vorgefassten Meinungen verbunden, die eine weitaus komplexere Realität übermässig vereinfachen. Solche Klischees sind nicht nur ungerecht, sondern auch kontraproduktiv. Sie behindern ein umfassendes und wohlwollendes Verständnis der Ursachen und Folgen dieser Krankheit. Von Adeline Beijns

«Übergewichtige haben nur zu wenig Willenskraft»

Nichts könnte falscher sein. Übergewicht ist oft das Ergebnis einer Kombination von biologischen, genetischen, psychologischen und umweltbedingten Faktoren. Stoffwechsel, Hormone (wie Leptin oder Insulin) und sogar eine genetische Veranlagung können die Gewichtszunahme weit über den individuellen Willen hinaus beeinflussen.

«Übergewichtige treiben keinen Sport»

Übergewicht schliesst körperliche Aktivität keineswegs aus. Viele Betroffene treiben regelmässig Sport, können aber aufgrund anderer Faktoren nicht abnehmen, z. B. aufgrund einer unausgewogenen Ernährung, Stoffwechselstörungen oder eines Aktivitätsniveaus, das die Kalorienzufuhr nicht ausgleicht.

«Es ist nur eine Frage der Ernährung»

Obwohl die Ernährung eine Schlüsselrolle spielt, reicht sie nicht aus, um Übergewicht zu erklären. Stress, Schlafmangel, hormonelle Störungen oder auch bestimmte Medikamente können unabhängig von der Ernährung zur Gewichtszunahme beitragen.

«Übergewichtige essen mehr als andere»

Übergewicht ist nicht immer auf übermässigen Appetit zurückzuführen. Manche Menschen essen zwar normale Mengen, aber sehr kalorienreiche Lebensmittel oder unterliegen biologischen Mechanismen, die es ihnen erleichtern, Energie in Form von Fett zu speichern.

«Übergewicht ist immer schlecht für die Gesundheit»

Obwohl Übergewicht das Risiko für bestimmte Krankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck erhöhen kann, ist es nicht immer gleichbedeutend mit schlechter Gesundheit. Einige übergewichtige Menschen haben einen gesunden Stoffwechsel, eine gute kardiorespiratorische Ausdauer und normale Blutwerte. Gesundheit lässt sich nicht auf eine Zahl auf der Waage oder den Taillenumfang reduzieren.

«Der BMI ist ein Indikator für Gesundheit»

Der Body Mass Index (BMI) ist ein praktischer Indikator, aber seine Aussagekraft ist begrenzt. Er berücksichtigt weder die Fettverteilung noch die Muskelmasse oder den allgemeinen Gesundheitszustand. Eine übergewichtige Person kann deutlich gesünder sein als jemand mit «Normalgewicht», der jedoch einen überwiegend sitzenden Lebensstil führt.

Ein differenzierter Ansatz für eine wirksame Behandlung

Es ist wichtig, vorgefasste Meinungen zu hinterfragen und Menschen mit Adipositas mit Mitgefühl und Verständnis zu begegnen. Eine angemessene Behandlung, die psychologische Unterstützung, Ernährungsberatung und körperliche Aktivität kombiniert, führt zu dauerhaften Ergebnissen. Statt zu verurteilen, ist es besser, zu begleiten und zu ermutigen.

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