Eine empathische Pflegekraft: Wenn Unterstützung und Autonomie sich ergänzen

Flat vector illustration.

Pflege ist weit mehr als eine medizinische Aufgabe – sie bedeutet auch Zuhören, Unterstützen und Begleiten. Ysia Landoni, Pflegefachfrau an der Clinique de Carouge, spricht über die Bedeutung einer gemeinsamen Entscheidungsfindung und darüber, wie Patientinnen und Patienten darin bestärkt werden können, aktiv an ihrer Behandlung mitzuwirken. Von Adeline Beijns

Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, Patientinnen und Patienten in die Entscheidungsfindung bezüglich ihrer Behandlung einzubeziehen?

Patientinnen und Patienten sollten aktiv in ihre Behandlung einbezogen werden, da sie mit ihrer Erkrankung leben müssen. Durch ihre Mitbestimmung fühlen sie sich wertgeschätzt und übernehmen eine entscheidende Rolle in ihrer Gesundheitsversorgung. Diese Eigenverantwortung fördert ein besseres Verständnis für die Behandlungsschritte und stärkt ihre aktive Mitarbeit. So werden sie nicht nur Begleitende ihrer Krankheit, sondern gestalten diese bewusst mit.

Welche Hauptaspekte sollten Patientinnen und Patienten Ihrer Meinung nach berücksichtigen, um eine Therapie zu wählen, die zu ihrem Lebensstil passt – und warum?

Patientinnen und Patienten sollten sich überlegen, wie sich die jeweilige Therapie in ihren Alltag – sowohl privat als auch beruflich – integrieren lässt. Wichtig ist dabei die Häufigkeit der Einnahmen, das geforderte Mass an Selbstständigkeit sowie der Bedienkomfort. Manche Therapien erfordern grosse Regelmässigkeit oder können Nebenwirkungen mit sich bringen, die es zu bewältigen gilt. Jede Person hat eigene Prioritäten, Vorlieben, Ängste und Ziele. Diese abzuwägen und zu schauen, welche Behandlungsoption am besten passt, ist entscheidend, um möglichst gelassen mit der Erkrankung zu leben.

Wie begleiten Sie als Pflegefachfrau die Patientinnen und Patienten, damit sie sich in ihren Entscheidungen gehört und unterstützt fühlen?

Zunächst ist es mir wichtig, ein Klima des Vertrauens und des Respekts zu schaffen, in dem das Wort der Patientinnen und Patienten als zentral erachtet wird. Dann nehme ich mir die Zeit, alle Fragen zu beantworten, auch wenn sie schein- bar banal wirken. Meine Aufgabe besteht darüber hinaus darin, medizinische Informationen – die oft komplex sind – zu erläutern und sicherzustellen, dass die Vorteile und möglichen Nachteile jeder Option gut verstanden werden. Ich ermutige die Patientinnen und Patienten, Ängste, Zweifel und Vorlieben auszudrücken, damit sie sich vollständig in den Entscheidungsprozess eingebunden fühlen. Ausserdem achte ich darauf, dass ihnen verlässliche Informationsquellen und ein unterstützendes Netzwerk, etwa Ärztinnen und Ärzte, Psychologinnen und Psychologen oder Patientenverbände, zur Verfügung stehen.

Mit welchen Herausforderungen sehen sich Patientinnen und Patienten konfrontiert, wenn sie eine Therapieoption wählen sollen?

Viele fühlen sich überwältigt von der Fülle an medizinischen Informationen, die oft sehr fachlich oder schwer verständlich sind. Manche haben zudem das Gefühl, nicht «berechtigt» zu sein, Fragen zu stellen oder Zweifel zu äussern, weil sie ihre Erkrankung nicht infrage stellen wollen oder sich nicht kompetent genug dafür fühlen. Die Unsicherheit über Wirksamkeit und Verträglichkeit der Behandlungen kann Ängste hervorrufen, und fehlende Orientierungspunkte erschweren die Entscheidung zusätzlich. Auch der Druck von Angehörigen oder Freundeskreis – meist gut gemeinte Ratschläge – kann Verwirrung stiften. In solchen Situationen sind die Unterstützung des Betreuungsteams und der Austausch mit anderen Betroffenen wertvolle Hilfen.

Welche Ratschläge würden Sie einer Person geben, die sich vom Entscheidungsprozess überfordert fühlt?

Zunächst würde ich sie ermutigen, sich Zeit zu nehmen und alle Fragen, die sie beschäftigen, dem medizinischen Team zu stellen. Ausserdem würde ich ihr ans Herz legen, sich mit vertrauten Menschen oder anderen Betroffenen auszutauschen; das Aussprechen von Ängsten hilft oft, etwas Abstand zu gewinnen. Wichtig ist, eine Liste der eigenen Prioritäten und Bedürfnisse zu erstellen, um klarer zu erkennen, was wirklich bedeutend für die eigene Lebensqualität ist. Falls nötig, empfehle ich, Unterstützung von Fachleuten in der therapeutischen Schulung oder Patientenberatung in Anspruch zu nehmen. Und zuletzt möchte ich betonen, dass es keine «perfekte» Entscheidung gibt, sondern stets nach einer Lösung gesucht werden muss, die am besten zur individuellen Situation und zum eigenen Empfinden passt.

Dieser Artikel wurde mit freundlicher Unterstützung von Roche Pharma (Schweiz) AG erstellt — 02/2025 M-CH-00004989 // Die Unabhängigkeit der Expertin wurde vollständig respektiert

 

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Abonnieren Sie die Printversion von Gesundheitsecho, um Zugriff auf alle Informationen zum Thema zu haben: Erfahrungsberichte, Tests, nützliche Adressen, Infografiken und mehr.
Also warten Sie nicht länger!
CHF39.00
Oder abonnieren Sie direkt 8 Ausgaben!
CHF78.00

Loading

Teilen auf

Facebook

Weitere Artikel

Parenterale Ernährung: ernährung jenseits der Grenzen

Stellen Sie sich vor, Ihr Verdauungstrakt ist eine Autobahn, blockiert durch einen Stau: Nichts kommt durch, weder die Nahrung noch die lebenswichtigen Nährstoffe, die den Körper versorgen. In solchen kritischen Momenten kann ein unsichtbarer, aber wirksamer Weg geöffnet werden, um Ihr Überleben zu sichern: die parenterale Ernährung. Sie ist weit mehr als eine Behandlung — sie ist oft die Rettung für Patientinnen und Patienten in kritischen Situationen. Dr. Nathalie Jacquelin-Ravel, Expertin für klinische und metabolische Ernährung, erklärt uns, wie dieser Ansatz es ermöglicht, die natürlichen Grenzen des Körpers zu umgehen und ihm neue Kraft zu verleihen – und manchmal sogar eine zweite Chance.

Loading

Mehr lesen »

Technologie im Mittelpunkt der Betreuung

Diabetes ist eine chronische Krankheit, die weltweit Millionen von Menschen betrifft. Obwohl die Krankheit immer besser verstanden wird, gibt es weiterhin viele Herausforderungen, um die Patient:innen in ihrem Alltag optimal zu unterstützen. Heute sprechen wir mit der Allgemeinmedizinerin Dr. Dominique Durrer, ehemals assoziierte Ärztin an den Universitätskliniken Genf und Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Adipositasforschung (ASEMO).

Loading

Mehr lesen »

Wie «Zombie-Zellen» uns im alter krank machen

Viele Jahre länger gesund und fit bleiben und sich noch mit 60 wie 40 fühlen! Was wir selbst tun können für diesen Turbo rückwärts, dazu haben Sie in meinen My Life-Kolumnen schon einiges erfahren. Aber es gibt noch unendlich viel Neues aus der Zellforschung zu berichten, zu Sport, Atmung, Zellen, auch Hitze und Kälte, Stressmanagement und vielem mehr. Doch lassen Sie mich heute schon mal ans «Eingemachte» gehen. Was sind denn die richtig starken Mittel, die uns verjüngen könnten, was ist die nächste grosse Hoffnung der Verjüngungsindustrie?

Loading

Mehr lesen »