Essen für die Psyche: Ihr Teller für mehr Klarheit und Wohlbefinden

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Carlo Weber ist Koch, Lebensmittelingenieur und Food Unternehmer und bringt versiertes Wissen in Ernährungswissenschaft und Kulinarik mit. In seiner Gesundheits- Kolumne «Gesunder Tisch mit Carlo» schreibt er, was gesunde Ernährung konkret ausmacht.

Ist Ihnen bewusst, dass Ihre Ernährung nicht nur Ihre körperliche Gesundheit, sondern auch Ihre mentale Verfassung direkt beeinflusst? Selbst gespürt haben Sie’s bestimmt schon. Eine ausgewählte Ernährung kann wie ein Schalthebel auf verschiedene Abläufe im Körper, die die Psyche beeinflussen, einwirken und somit Denkfähigkeit und Geist stärken, Stress abbauen und Ihre Stimmung verbessern. Ich bin vor kurzem zwei interessanten Büchern begegnet, die dies näher beleuchten: «Ernährung für die Psyche» von Dr. med. Uma Naidoo und «Die Wahrheit über weibliche Depression» mit dem Kapitel «Nahrung als Heilmittel» von Dr. med. Kelly Brogan. Von Carlo Weber

Drei Aspekte unserer Nahrung sind für die Beeinflussung unserer Psyche verantwortlich:

Sinneswahrnehmung: Älteste Instinkte werden bei der Nahrungsaufnahme aktiviert und beeinflussen unsere Gefühle unmittelbar, da Gerüche und Geschmäcker verschiedene Empfindungen wie Freude oder Ekel hervorrufen können.

Wirkung auf Hirn und Hormonsteuerung: Manche Lebensmittel enthalten Substanzen, die vom Darm aufgenommen werden und direkt auf das Gehirn wirken, bspw. bestimmte Komponenten in Schokolade oder Kaffee. Darüber hinaus liefern Mahlzeiten essenzielle Bausteine für Neurotransmitter wie Serotonin, das für die Regulierung unserer Emotionen entscheidend ist.

Bakterien im Darmtrakt: Unser Essen ist auch die Nahrung für unsere Darmbewohner und diese scheiden, je nach Input, wieder verschiedene Stoffe aus, welche womöglich Einfluss auf unser Gemüt ausüben.

Wähle den richtigen Kraftstoff:

Unser Gehirn benötigt kontinuierlich Energie, um reibungslos zu funktionieren. Die Wahl der richtigen Kohlenhydrate spielt dabei eine entscheidende Rolle. Komplexe Kohlenhydrate, wie sie in Vollkornprodukten, Obst und Gemüse vorkommen, liefern langanhaltende Energie und Studien zeigen, bspw. von der Harvard T.H. Chan School of Public Health, dass Menschen, die regelmässig komplexe Kohlenhydrate zu sich nehmen, ausgeglichenerer und weniger reizbar sind.

Dilemma Zucker:

Er kann zwar kurzfristig viel Energieliefern, laut Dr. med. Brogan kann er aber mit Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und sogar Depressionen in Verbindung gebracht werden. Unser Körper nimmt Zuckermoleküle schneller ins Blut auf als andere. Ein plötzlicher Anstieg des Blutzuckerspiegels bringt unser Gleichgewicht durcheinander und wirkt sich auf unsere Stimmung aus.

Mein Tipp: Beginnen Sie Ihren Tag mit einem Frühstück aus Haferflocken und frischem Obst. Dies liefert dem Gehirn eine stabile Energiezufuhr, ohne den Blutzuckerspiegel ins Schwanken zu bringen. Reduzieren Sie über den Tag verarbeitete Snacks und ersetzen Sie sie durch natürliche Alternativen, bspw. einen Apfel oder eine Handvoll Nüsse.

Darm-Hirn-Achse:

Der Darm ist in enger Verbindung mit dem Hirn und gilt als «zweites Gehirn». Diese sogenannte Darm-Hirn-Achse beeinflusst nicht nur unsere Verdauung, sondern auch unser emotionales Wohlbefinden. Eine gesunde Darmflora, die durch probiotische, fermentierte Lebensmittel wie Joghurt, Kefir oder Sauerkraut unterstützt wird, kann die Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin – dem Glückshormon – fördern. Diese Lebensmittel enthalten lebende, für unseren Darm positive Bakterien. Laut Dr. med. Naidoo zeigen Studien, dass Menschen mit einer ausgewogenen Darmflora weniger anfällig für Depressionen und Angstzustände sind.

Mein Tipp: Fügen Sie probiotische Lebensmittel Ihrer Ernährung hinzu, um Ihre Darmgesundheit zu fördern. Morgens einen Joghurt-Smoothie oder mittags ab und zu eine Portion Sauerkraut (am besten roh).

Essentielle Bausteine für Hormone und Zellen:

Die richtigen Fette können für die Psyche Wunder wirken, insbesondere Omega-3-Fettsäuren. Die drei wichtigsten sind die Alpha-Linolensäure (ALA), Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA). Diese Fette, die in Fisch wie Lachs oder pflanzlichen Quellen wie Algen oder Leinsamen vorkommen, sind nicht nur für die körperliche Gesundheit essenziell, sondern auch für das seelische Wohlbefinden. Sie sind Grundbausteine für Zellmembranen und die eigene Hormonherstellung. Dr. med. Naidoo empfiehlt, Omega-3-Fet- te regelmässig in die Ernährung zu integrieren, um genügend davon aufzunehmen. Studien zeigen, dass Omega-3-Fettsäuren die Symptome von Depressionen verringern können.

Mein Tipp: Gerichte mit fettreichem Fisch oder Algenöl sind reich an DHA und EPA Omega-3-Fettsäuren. Leinsamen, Hanföl und Nüsse sind reich an ALA.

Mikronährstoffe für die Psyche:

Besonders wichtig für die psychische Gesundheit sind Magnesium, bekannt für seine beruhigende und stressreduzierende Wirkung, während B-Vitamine – insbesondere B12 und Folsäure – eine Schlüsselrolle bei der Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin spielen. Diese Vitamine finden Sie u.a. in Hülsenfrüchten, Avocados, Bananen und grünem Gemüse.

Mein Tipp: Bunte, abwechslungsreiche Mahlzeiten bieten viele notwendige Nährstoffe, um Körper und Psyche zu versorgen. Bspw. ein Spinat-Smoothie mit Banane ist ein schneller, nährstoffreicher Start in den Tag. Vor allem Mikronährstoffe und Omega-3-Fettsäuren sollten Sie in den empfohlenen Mengen täglich aufnehmen. Sind diese über die saisonale Nahrung wenig verfügbar, so greife ich persönlich auf Nahrungsergänzungsmittel zurück. Da ist vor allem auf natürliche Ursprünglichkeit zu achten, um die Aufnahme im Körper zu verbessern.

Der mediterrane Weg:

Die mediterrane Küche, reich an Obst, Gemüse, Fisch und Olivenöl, wird zunehmend als förderlich für die physische und psychische Gesundheit anerkannt, da sie zahlreiche Nährstoffe regelmässig und ausgewogen bieten kann. Auch Dr. med. Naidoo und Dr. med. Brogan betonen die Stärken dieser Küche, die einen Unterschied für die geistige Gesundheit bewirken kann. Zahlreiche Studien belegen, dass eine mediterrane Ernährungsweise das Risiko von Depressionen reduziert und das emotionale Wohlbefinden fördert.

Mein Tipp: Suchen Sie sich ein gutes Rezeptbuch zur mediterranen Küche und beginnen Sie eine spannende Entdeckungsreise. Das wird auch allen Mitessern viel Spass bereiten.

Ganzheitliche Ansätze:

Neben einer bewussten Ernährung sind laut Dr. med. Brogan auch Achtsamkeit, genügend Schlaf, regelmässige Bewegung und Stressbewältigung zentrale Aspekte einer ganzheitlichen Strategie. Sie hebt hervor, dass eine gesunde Ernährung nur ein Aspekt in einem umfassenden, ganzheitlichen Lebensstil ist.

Mein Tipp: Es sind viele Faktoren, die die Psyche beeinflussen können und bei Problemen sollten Sie auf alle Fälle ärztliche, psychologische Beratung einholen.

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