
Jedes Jahr im November lassen sich Männer weltweit einen Schnurrbart als Zeichen für die Männergesundheit wachsen. Was dahinter steckt und warum das Thema so wichtig ist, erklärt uns der Urologe Dr. med. Julian Cornelius, aus der Privatklinik Villa im Park, Rothrist, im Interview. Von Anna Meier
Herr Dr. Cornelius, können Sie uns die Geschichte und den Ursprung der Movember-Aktion kurz erläutern? Wie hat alles angefangen?
Movember wurde 2003 in Australien von zwei Freunden ins Leben gerufen. Die Idee: Die Aktion soll auf Männergesundheit aufmerksam machen und zugleich sollen Spenden für die Forschung und Prävention gesammelt werden. Das Wort «Movember» setzt sich dabei aus «Moustache» (Schnauzbart) und «November» zusammen. Männer lassen sich im November einen Schnauzbart wachsen, um ein sichtbares Zeichen für die Männergesundheit zu setzen.
Auf welche gesundheitlichen Themen legt Movember seinen Fokus?
Schwerpunktthemen von Movember sind vor allem Prostata- und Hodenkrebs sowie die mentale Gesundheit. Männer sind leider oft zurückhaltend, wenn es um Gesundheitsvorsorge geht, speziell beim Thema Krebsvorsorge. Zahlen aus der Schweiz zeigen, dass mehr als 50% der Männer >45 Jahren noch nie eine Prostatavorsorgeuntersuchung wahrgenommen haben. Hingegen geht etwa jede zweite Frau zu Krebsvorsorgeuntersuchungen. Hier wollen wir das Bewusstsein schärfen und Männer ermutigen, sich regelmässig untersuchen zu lassen, um Krankheiten frühzeitig zu erkennen.
Stichwort Früherkennung: Wie hat sich die Prävention von Prostatakrebs in den letzten Jahren entwickelt?
Früherkennung ist ein sehr wichtiges Thema. Neben der klinischen Untersuchung durch den Arzt, ist die Bestimmung des sogenannte PSA-Wertes im Blut, (Prostata-spezifisches Antigen) eine wichtige Methode, um das individuelle Risiko für Prostatakrebs einzuschätzen und gegebenfalls weitere Untersuchungen zu empfehlen.
Allerdings ist vor allem der PSA-Test immer wieder in der Kri- tik, weil er unklare Ergebnisse liefern kann. Eine interessante Innovation stellt der neue Stockholm-3 Test dar, ein biomarkerbasierter Test, der häufig, wichtige zusätzliche Informationen liefert. Er kann beispielsweise in der Entscheidungsfindung helfen, ob bei erhöhtem PSA-Wert aber unauffälliger MRT-Untersuchung, eine Prostatabiopsie empfohlen wird.
Welche Fortschritte gibt es bei den Behandlungsmöglichkeiten beim Prostatakrebs?
Die Behandlungsmöglichkeiten bei Prostatakrebs haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Besonders die Da Vinci-Robotertechnik hat den Weg für präzisere und schonendere Operationen geebnet. Auch bei den Hormontherapien gibt es Fortschritte, ebenso bei den Chemotherapien und weiteren gezielten Behandlungsoptionen. Hier kommen personalisierte Ansätze zum Tragen, bei denen beispielsweise spezifische Mutationen für die Therapie genutzt werden können.
In fortgeschrittenen Stadien nutzen wir zunehmend auch nuklearmedizinische Therapieformen wie die sogenannte PSMA-Liganden Therapie. Dabei werden radioaktive Substanzen an spezifische Krebszellen gebunden, was eine gezielte Behandlung ermöglicht. Insgesamt haben sich die Therapieoptionen erheblich verbessert, und die Heilungschancen steigen, wenn der Krebs frühzeitig erkannt wird. Ich rate daher allen Männern, regelmässig zur Vorsorge zu gehen.
Und wie sieht es mit Hodenkrebs aus? Was sind hier die aktuellen Empfehlungen?
Hodenkrebs tritt zwar seltener auf als Prostatakrebs, ist aber die häufigste Krebsart bei jungen Männern zwischen 20 und 40 Jahren. Risikofaktoren sind beispielsweise genetische Veranlagungen oder ein Hodenhochstand. Die einfachste Methode der Früherkennung ist die Tastuntersuchung – man sollte darauf achten, ob sich der Hoden schwer, knotig oder verhärtet anfühlt. Der Urologe kann dann weitere Untersuchungen, wie Ultraschall und Bluttests durchführen. Die Prognose bei Hodenkrebs ist insgesamt häufig gut, sofern die Diagnose frühzeitig gestellt wird; oft reicht dann eine Operation aus, in manchen Fällen folgt jedoch eine Chemo- oder Strahlentherapie.
Was sind Ihre Ziele für die Movember-Aktion in diesem Jahr?
Unser Ziel ist es, noch mehr Männer zu erreichen und sie zu motivieren, aktiv auf ihre Gesundheit zu achten. Wir wollen die Forschung weiter vorantreiben, um Früherkennungstests und Behandlungsmethoden zu verbessern und langfristig Leben zu retten. Der Schnauzbart ist ein Zeichen für Männlichkeit, und es sollte auch ein Zeichen dafür sein, dass Männer Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen. Ganz nach dem Motto: Lasst uns gemeinsam ein Zeichen setzen. Weil echte Männer handeln.
5 Tipps für die Männergesundheit
- Regelmässige Vorsorgeuntersuchungen
Check-ups helfen, Krankheiten wie Prostata- oder Hodenkrebs rechtzeitig zu erkennen. - Regelmässige Selbstuntersuchungen
Besonders bei Hodenkrebs, der oft jüngere Männer betrifft, ist es wichtig, einmal im Monat die Hoden selbst abzutasten, um Knoten früh zu entdecken. - Mental Health im Fokus
Psychische Gesundheit ist genauso wichtig wie die körperliche. Wer sich belastet fühlt, sollte Unterstützung suchen – ob im Freundeskreis, bei der Familie oder durch professionelle Hilfe. - Auf Warnsignale des Körpers hören
Kopf- oder Rückenschmerzen, Müdigkeit und Schwindel sollten nicht ignoriert werden. Lieber frühzeitig zum Arzt gehen und abklären lassen. -
Soziale Kontakte pflegen
Ein starkes soziales Umfeld schützt vor Einsamkeit und Depressionen und stärkt das allgemeine Wohlbefinden.

