
Das Sjögren-Syndrom ist eine chronische Autoimmunerkrankung, von der schweizweit rund 20’000 bis 30’000 Menschen betroffen sind. Die Krankheit tritt häufig bei Frauen mittleren Alters auf. Eine von ihnen ist Dominique, eine energiegeladene Siebzigjährige, die vor ihrer Pensionierung als Führungskraft im Bereich der Telekommunikation tätig war. Im Interview erzählt sie von ihrem Alltag, den Herausforderungen und wie sie es schafft, trotz der belastenden Symptome ein erfülltes Leben zu führen. Von Adeline Beijns
Was ist das Sjögren-Syndrom und war Ihnen diese bekannt?
Das Sjögren-Syndrom ist eine chronische Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die exokrinen Drüsen angreift, insbesondere jene, die Tränen und Speichel produzieren. Bevor ich selbst daran erkrankte, hatte ich nie von dieser Krankheit gehört. Sie ist in der breiten Öffentlichkeit relativ unbekannt.
Welche Anzeichen und Symptome haben Sie bemerkt?
Die ersten Symptome, die mir auffielen, waren eine starke Trockenheit der Augen und des Mundes. Es fühlte sich an, als hätte ich ständig Sandkörner in den Augen, und mein Mund war so trocken, dass ich Schwierigkeiten beim Schlucken hatte. Zudem spürte ich eine tiefe Erschöpfung und Gelenkschmerzen, die meinen Alltag sehr belasteten.
Wie kam es zur Diagnose und wie haben Sie darauf reagiert?
Die Diagnose dauerte eine Weile. Zuerst äusserte mein Augenarzt den Verdacht auf diese Krankheit. Ein HNO-Arzt, den ich wegen der Mundtrockenheit aufsuchte, bestätigte schliesslich das Sjögren-Syndrom. Als ich die Diagnose erhielt, war ich einerseits erleichtert, endlich eine Erklärung für meine Symptome zu haben, andererseits machte ich mir Sorgen um die Zukunft.
Wie lange leben Sie schon mit?
Seit drei Jahren lebe ich nun mit der Diagnose. Die ersten Jahre waren am schwierigsten, aber mit der Zeit und einer angemessenen Behandlung habe ich gelernt, mit den Beschwerden umzugehen.
Welche Ängste hatten Sie?
Meine grösste Angst war, dass sich meine Lebensqualität verschlechtern könnte. Ich fürchtete, meine täglichen Aktivitäten nicht mehr ausüben zu können, meine Autonomie zu verlieren und schwere Komplikationen zu entwickeln. Die Erschöpfung und die Schmerzen waren ebenfalls sehr beängstigend.
Wie beeinflusst die Krankheit Ihren Alltag?
Die Krankheit hat erhebliche Auswirkungen auf meinen Alltag. Ich muss die Augentrockenheit und Mundtrockenheit mit Tränenersatzmitteln und reichlichem Trinken managen. Die Trockenheit in den intimen Bereichen zwingt mich dazu, diese gut zu pflegen, um Hämorrhoiden und Blasenentzündungen
zu vermeiden. Die Erschöpfung wiederum zwingt mich, meinen Tagesablauf anzupassen und regelmässige Pausen einzulegen. Die Schmerzen schränken manchmal meine Bewegungsfreiheit ein, aber ich versuche, so aktiv wie möglich zu bleiben.
Wie verläuft die Krankheit?
Das Sjögren-Syndrom verläuft oft schubweise. Bei mir ist die Krankheit relativ stabil, auch wenn es Phasen gibt, in denen die Symptome intensiver sind und andere, in denen sie besser kontrollierbar sind. Diese Unvorhersehbarkeit macht langfristige Planungen schwierig.
Was passiert, wenn die Krankheit nicht behandelt wird?
Ohne Behandlung kann die Krankheit zu ernsten Komplikationen führen, wie Augen- und Mundinfektionen, schweren Kariesproblemen, Verdauungsstörungen und sogar Schädigungen innerer Organe wie Nieren oder Lungen.
Was haben Sie in Ihrem Alltag geändert, um besser mit der Krankheit umzugehen?
Ich musste neue Gewohnheiten entwickeln, um mit der Krankheit besser zurechtzukommen. Ich trinke viel Wasser, verwende mehrmals täglich künstliche Tränen und beruhigende Salben für die gereizten Schleimhäute. Ausserdem achte ich auf meine Haltung und Bewegung, um Gelenkschmerzen zu reduzieren. Mit der Zeit habe ich gelernt, auf meinen Körper zu hören und mich nicht zu überanstrengen, wenn ich mich müde fühle.
Welche Tipps geben Sie anderen Betroffenen mit der Diagnose Sjögren-Syndrom?
Denjenigen, die gerade diese Diagnose erhalten haben, möchte ich sagen, dass es normal ist, sich anfangs überfordert zu fühlen. Mit der Zeit lernt man, die Symptome zu bewältigen und seinen Alltag anzupassen. Es ist wichtig, sich von kompetenten Gesundheitsprofis unterstützen zu lassen und nicht zu zögern, Hilfe von Angehörigen anzunehmen.
Möchten Sie eine Botschaft weitergeben?
Ja, ich möchte allen chronisch Kranken sagen, dass sie niemals die Hoffnung verlieren sollten. Jeder Tag bringt seine eigenen Herausforderungen mit sich, aber es ist entscheidend, positiv zu bleiben und Wege zu finden, trotz der Krankheit ein erfülltes Leben zu führen.
