Das Schweizer Gesundheitssystem zählt zu den besten weltweit: flächendeckende Versorgung, Spitzenmedizin für alle und zeitnahe Arzttermine. Die Grundversicherung (KVG) deckt Basisleistungen ab, während Zusatzversicherungen (VVG) mehr Komfort bieten. Kantone und Krankenkassen spielen dabei eine zentrale Rolle. Von Anna Meier
Die Situation weltweit
«Was haben wir doch für ein Glück mit unserem Schweizer Gesundheitssystem» – dieser Gedanke geht mir immer wieder durch den Kopf. In England wartet man in der Regel Monate auf einen Arzttermin, es herrscht eine Zweiklassenmedizin. In Italien sind die Spitäler teils komplett überfüllt, Patient:innen müssen auf den Spitalgängen ausharren. In Deutschland wütet ein dramatischer Ärzte- und Pflegenotstand.
Und der Schweiz? Wir haben 278 Spitäler, ein dichtes Netz an Arztpraxen, wir haben Zugang zu Spitzenmedizin – und zwar für alle – wir haben die besten Ärztinnen und Ärzte und wir erhalten in der Regel zeitnah einen Arzttermin. Die Kehrseite der Medaille: Das alles kostet. Nicht umsonst zählt unser Gesundheitssystem auch zu den teuersten weltweit. Das aber nur am Rande.
In diesem Beitrag soll es weder um die finanziell stark angeschlagenen Spitäler noch um die stetig steigenden Krankenkassenkosten gehen. Vielmehr gehen wir den Fragen nach: Wie ist dieses unvergleichliche System überhaupt aufgebaut? Und, wer ist dafür verantwortlich, dass es funktioniert?
Kantone haben Hauptverantwortung für die Gesundheitsversorgung vor Ort
Das Schweizer Gesundheitssystem ist föderal organisiert. Während das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf nationaler Ebene Richtlinien vorgibt und die Umsetzung überwacht, tragen die Kantone die Hauptverantwortung für die Gesundheitsversorgung vor Ort. Sie betreiben öffentliche Spitäler und regeln die Zulassung von Ärztinnen und Ärzte und anderen Gesundheitsdienstleistern.
Die Krankenkassen wiederum spielen eine zentrale Rolle bei der Finanzierung der Gesundheitsleistungen. Sie verwalten die Prämien und sind für die Abwicklung von Leistungsabrechnungen zuständig.
Obligatorische Krankenversicherung und Zusatzversicherung
Stichwort Krankenkasse: Diese ist in zwei Kategorien unterteilt: die obligatorische Krankenversicherung (KVG) und die zusätzliche Krankenversicherung (VVG). Die obligatorische Krankenversicherung ist für alle in der Schweiz wohnhaften Personen verpflichtend, sie deckt die grundlegenden medizinischen Leistungen bei Krankheit, Unfall und Mutterschaft ab. Die Prämien für die KVG sind je nach Wohnort unterschiedlich, aber die Leistungen sind gesetzlich festgelegt und bei allen Versicherern gleich.
Zusatzversicherung (VVG): Mehr Komfort, aber auch mehr Kosten
Während die Grundversicherung die grundlegende Versorgung sicherstellt, bietet die Zusatzversicherung (VVG) mehr Komfort und zusätzliche Leistungen – und ist freiwillig. Die Leistungen der VVG umfassen etwa den Zugang zur privaten oder halbprivaten Spitalabteilung, Zahnarztbehandlungen oder spezielle Therapien. Doch hier gilt: Anders als bei der KVG gibt es keine Pflicht zur Aufnahme. Versicherungen können Anträge ablehnen oder Vorbehalte machen, besonders bei Vorerkrankungen. Wer eine Zusatzversicherung abschliessen möchte, sollte dies frühzeitig tun – am besten, solange man noch jung und gesund ist. Denn die Aufnahmebedingungen verschärfen sich mit zunehmendem Alter oder bei Gesundheitsproblemen.
Gut zu wissen:
Prämien und Franchise: Die Prämien für die Grundversicherung sind nicht einkommensabhängig, sondern werden von den Versicherern festgelegt. Um die monatlichen Prämien zu reduzieren, können Versicherte eine höhere Franchise (Selbstbeteiligung) wählen.
Wahlfreiheit: Versicherte können frei wählen, bei welcher Krankenkasse sie sich versichern lassen. Ein Wechsel der Krankenkasse ist jeweils zum Ende eines Kalenderjahres möglich, sofern die Kündigungsfrist eingehalten wird.
Kostenbeteiligung: Neben der Franchise gibt es einen Selbstbehalt, bei dem die Versicherten 10% der Kosten bis zu einem Maximum von 700 CHF pro Jahr selbst tragen.
Soziale Unterstützung: Personen mit niedrigem Einkommen können Prämienverbilligungen beantragen, um die finanzielle Belastung zu reduzieren.